11/2010: Verabschiedung des Doppelhaushalts 2010/2011 sowie des HSKs

Klaus Rees

Klaus Rees hielt am 25.11.2010 im Rat der Stadt Bielefeld zu TOP 13 der Tagesordnung folgende Rede:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
der Haushalt, den wir heute verabschieden ist in vielerlei Hinsicht ein Novum:

  • zum ersten Mal handelt es sich um einen Doppelhaushalt
  • um ersten Mal seit Langem verabschieden wir den Haushalt im Vorjahr für das darauffolgende Haushaltsjahr und
  • zum ersten Mal beschließen wir ein HSK, das trotz großer Konsolidierungsbemühungen nicht genehmigungsfähig ist.

Gerade der letzte Aspekt wirft ein deutliches Schlaglicht auf die Situation der Stadtfinanzen, die sich in einem dramatischen Zustand befinden. Denn trotz der Tatsache, dass wir bereits vor Verabschiedung des Haushalts durch unseren Eckdatenbeschluss im Vorgriff auf das HSK Konsolidierungsbeschlüsse mit spürbaren Ergebnissen umgesetzt haben und trotz der sich erholenden Konjunkturlage, werden die Haushalte der kommenden Jahre mit Defiziten in dreistelliger Millionenhöhe abschließen. Diese liegen zwar um ca. 50 Mio. Euro unter den zunächst prognostizierten Summen und die Gefahr einer Überschuldung bereits im Jahr 2016 besteht nicht mehr, die Summe der Liquiditätskredite steigt jedoch weiter und wird Ende des kommenden Jahres bereits fast 700 Mio. Euro betragen: das kann und darf nicht befriedigen! Die Situation, nicht nur in Bielefeld, sondern in allen NRW-Großstädten zeigt auf, dass es sich hierbei um eine derart gravierende Finanzlage handelt, die die Kommunen ohne Unterstützung aus Berlin und Düsseldorf nicht mehr bewältigen können. Denn eine Analyse der Situation, wie sie etwa der profilierte Kommunalwissenschaftler Prof. Junkernheinrich vorgenommen hat, zeigt, dass es die in den letzten Jahren explosionsartig gewachsenen Belastungen in den Sozialhaushalten waren, die die Städte an den Rand des Abgrunds getrieben haben. Ohne eine Umsteuerung sowohl vonseiten des Bundes als auch des Landes werden die kommunalen Finanzprobleme nicht mehr zu lösen sein. Zumindest die Signale aus unserer Landeshauptstadt lassen jedoch die Erwartung zu, dass dort die Situation nicht nur erkannt worden ist, sondern auch im Sinne der Kommunen gehandelt wird!

Doch das Warten auf die notwendigen Hilfen von andernorts kann nicht heißen, dass wir in Bielefeld die Hände in den Schoß legen und warten, bis sich die Zahlen ändern. Die Ampel-Koalition hat mit ihrem Eckdatenbeschluss vom März dieses Jahres gezeigt, dass sie die Kraft zu erheblichen Konsolidierungen hat, mit denen mindestens das strukturelle Defizit von 40 Mio. Euro bis zum Jahr 2014 nachhaltig beseitigt werden kann. Mit unserer Vorgabe, die Hälfte auf der Aufwandsseite und die andere Hälfte durch Mehrerträge zu konsolidieren, haben wir deutlich gemacht, dass wir nicht den einfachen Weg gehen wollten.

Der Doppelhaushalt und das HSK, das wir heute beschließen werden

  • erfüllen die Vorgaben des Eckdatenbeschlusses
  • die Konsolidierungsmaßnahmen betreffen alle Bereiche
  • führen insgesamt zu spürbaren, aber in der Abwägung, tragbaren Einschnitten

Die Stadt wird also trotz der prekären Finanzlage nicht kaputtgespart und das soziale Netz wird durch unseren Beschluss zur Weiterführung der Leistungsverträge auf dem Stand des Rechnungsergebnisses 2009 komplett erhalten.

Wenn wir mit den fast 250 HSK-Maßnahmen dennoch in gewohnte Strukturen eingreifen, Leistungen zurückfahren, Gebühren und Steuern erhöhen oder zusätzliche Einnahmequellen erschließen müssen, so halten wir diese notwendigen Maßnahmen  unter dem Strich gleichwohl für angemessen und vertretbar.

Da, wo es notwendig war, haben wir zwar Korrekturen vorgenommen, insgesamt hat sich das Volumen der HSK-Maßnahmen durch die Beratungen in den Fachausschüssen und im FiPA jedoch nicht wesentlich verändert. An verschiedenen Stellen gab es auch in unseren drei Fraktionen zum Teil erhebliche Diskussionen, diese endeten jedoch mit Kompromissen, die für alle Partner tragbar sind. Das gilt  für  die  Bodendeponie in der Johannisbachaue ebenso wie für den zugegeben schwerer zu findenden Kompromiß zu den Bezirksämtern. Gerade bei den Bezirksämtern hätten wir GRÜNEN uns allen etwas mehr Mut gewünscht, sehen aber, dass zur Zeit offensichtlich nicht mehr realisierbar ist als das, was wir heute beschließen.

Probleme haben wir mit dem Vorschlag der Verwaltung zur Einführung einer Kulturabgabe in Form einer „Bettensteuer“. Obgleich eine solche Abgabe kommunalrechtlich möglich wäre, halten wir sie hier in Bielefeld aufgrund verschiedener Gegebenheiten (familiengeführte Hotels und keine Ketten, Übernachtungen nicht in erster Linie aus geschäftlichen und nicht touristischen Gründen) für kontraproduktiv. Wir haben deshalb die Verwaltung gebeten, einen anderen Vorschlag zu entwickeln, der zielgenauer wirkt und der eine größere Realisierungschance hat.

In einem weiteren Haushaltsantrag haben wir die Verwaltung aufgefordert, weitere Personalkosteneinsparungen durch den Abbau der überplanmäßigen Personaleinsätze zu realisieren. Wir wollen damit deutlich machen, dass in der derzeitigen Lage der Stadt derartige Einsätze und die Einrichtung überplanmäßiger Stellen, wenn diese nicht durch Dritte finanziert werden, äußerst restriktiv behandelt werden müssen.

Meine Damen und Herren,

wenn wir Ihnen heute noch vorschlagen, die Leitungsstelle des Bauernhausmuseums wie von der Verwaltung vorgeschlagen bei Ausscheiden der derzeitigen Inhaberin zu streichen, aber bis zu diesem Zeitpunkt (das ist in gut zwei Jahren) eine einvernehmliche Lösung mit allen Beteiligten zum möglichst uneingeschränkten Weiterbetrieb des Museums zu suchen, dann wird deutlich, dass wir ehrenamtliches Engagement in dieser Stadt nicht nur wollen, sondern auch bereit sind, diesem einen vernünftigen Rahmen zu geben. Wir meinen es Ernst und werden an der Entwicklung einer tragfähigen Perspektive  für das Bauernhausmuseum konstruktiv mitarbeiten!

Der Antrag von CDU und BfB ist insofern unnötig, wir werden ihn ablehnen!

Lassen Sie mich zum Schluß auf einen letzten Aspekt eingehen, der bei der Diskussion um diesen Haushalt deutlich geworden ist. Wir haben zwar den Umstieg von der Kameralistik auf das Neue Kommunale Finanzmanagement weitestgehend geschafft-auch wenn die Eröffnungsbilanz noch immer nicht fertiggestellt ist- der Haushalt ist dadurch bisher aber weder transparenter noch steuerbarer geworden. Im Sinne eines „Learning by doing“ ist der Umstellungsprozess noch lange nicht zu Ende. Vielmehr müssen wir weiter an einer transparenten und „nutzerfreundlichen“ Darstellung ebenso weiterarbeiten wie an dem System von Kennzahlen und Indikatoren, die zu Steuerung des outcomes notwendig sind.

Das haben alle Fraktionen erkannt und wir haben uns vorgenommen, gemeinsam mit der Verwaltung in den nächsten Monaten daran zu arbeiten und zu einer Verbesserung zu kommen. Die Zeit dazu sollten wir haben, denn der nächste Haushalt wird erst Ende des kommenden Jahres zur Beratung anstehen!

Es gilt das gesprochenen Wort!