Einladung von Herrn Lucke (AfD) zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung am 5.11.2014

microphoneBrief der Bielefelder GRÜNEN an den Industrie- und Handelsclub Ostwestfalen-Lippe (IHC):

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie wir der Presse entnommen haben, ist am 05.11.2014 ist Prof. Dr. Bernd Lucke (MdEP), Parteivorsitzender der AfD zu Gast beim IHC in Bielefeld.

Wir bedauern sehr, dass Sie damit dem Repräsentanten einer Partei eine Bühne geben, die in den Monaten ihres Bestehens nicht nur durch vermeintlich einfache Lösungsvorschläge zu komplexen Themen (z.B. Anti-Euro-Haltung), sondern immer wieder auch durch Hetze gegen Zuwanderer, ökonomisch schwächer Gestellte, durch unverhohlene Islamfeindlichkeit und Homophobie aufgefallen ist.

Auch wenn die AfD keine rechtsextreme Partei ist, übernimmt sie Parolen der NPD (z.B. „Mut zur Wahrheit. Wir sind nicht das Weltsozialamt!“), hat Mitglieder, die entweder selber diesem Spektrum entstammen oder in der Alltagspolitik kein Problem mit einer Zusammenarbeit mit NPD oder gar ProNRW haben (z.B. jüngst im Duisburger Stadtrat). Statt klarer Abgrenzung oder Parteiausschlüssen, schreibt Lucke lediglich einen  Brandbrief an die Mitglieder mit der Aufforderung, Entwicklungen zu stoppen, die „Anlass zur Sorge“ gäben. Der NRW-Vorsitzende, Marcus Pretzell aus Bielefeld, der Mitte Oktober wegen politischer Differenzen mit Lucke aus dem Bundesvorstand zurückgetreten war, fordert angesichts der Vorgänge in Duisburg, die betreffenden  Ratsmitglieder auf, die AfD zu verlassen. Von einem Ausschlussverfahren ist indes nichts bekannt.

Angesprochen auf  seine Aussage von „einer Entartung von Demokratie und Parlamentarismus“ (Prof. Dr. Bernd Lucke, Wahlabend zur Bundestagswahl 2013) oder das Zitat  „Wenn der Satz ‚Der Islam gehört zu Deutschland‘ nur die faktische Existenz des Islam in Deutschland feststellen sollte, ist er überflüssig (…). Wenn er aber als eine implizite Bejahung des Islams in Deutschland gemeint ist, ist er falsch und töricht.“ (Rundschreiben an Parteimitglieder vom Oktober 2013) inszeniert sich Lucke entweder als Opfer der Medien oder er kontert mit dem Satz „Das wird man doch wohl mal sagen dürfen!“

In genau diesem von vielen AfD-Mitgliedern genutzten Spruch sieht der Bielefelder Konfliktforscher Prof. Dr. Andreas Zick die Ankündigung eines Tabubruchs. „Dahinter stehen oft Vorurteile, Rassismus und Menschenfeindlichkeit.“ Zwar solle man die AfD nicht unter Generalverdacht stellen, „aber sie macht eine kalte Migrationspolitik und punktet bei der Europapolitik mit scheinbar rein ökonomischen Argumenten, mit Konzentration auf den Nationalstaat. Und unter den Mitgliedern gibt es ein Potenzial an Rassismus. Da sollte man als Parteispitze nicht behaupten, der Vorwurf des Rechtspopulismus gehöre zu einer Medienkampagne, sondern überlegen, ob die eigene Sozialpolitik mit der guten demokratischen Grundnorm der Gleichwertigkeit vereinbar ist.“ (Der Tagesspiegel, 21. 5. 2014)

Mit einer Mischung aus „National-Egoismus, fein austarierten Äußerungen und tumbem Populismus haben Bernd Lucke und seine Unterstützer die AfD zu einem Sammelbecken für Protestwähler gemacht“, urteilt die Generalsekretärin der SPD, Yasmin Fahimi, am 24. Oktober 2014.

Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.

Um nicht missverstanden zu werden: Es geht uns nicht darum, Herrn Lucke zum Rechtsextremen zu stempeln. Aber anstatt Menschen, wie Herrn Lucke zu hofieren, sind wir und ist die Zivilgesellschaft aufgefordert, uns mit der Gefahr für gesellschaft-liche und politische Entwicklungen in unserem Land auseinanderzusetzen, die von rechtspopulistischen Argumentationsmustern ausgeht.

Wir sind der Meinung, dass es falsch ist, Rechtspopulisten, wie Herrn Lucke, der es immer wieder trefflich versteht, sich als Opfer der Medien zu stilisieren, eine öffent-liche Bühne zu geben. Denn es sind Menschen wie er und Parteien wie die AfD, die durch ihre Argumentationsmuster die Anschlussfähigkeit des Rechtspopulismus nach ganz rechtsaußen bewusst betreiben. Mit ihren einfachen „Antworten“ auf komplexe Probleme vergiftet die AfD das gesellschaftliche Klima in unserem Land. Dagegen müssen wir uns frühzeitig zur Wehr setzen!

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Ackehurst, Sprecher des Kreisverbands + Jens Julkowski-Keppler, Fraktionsvorsitzender