Energiekonzept der Stadtwerke Bielefeld

Inge Schulze
Inge Schulze

Das Energiekonzept der Stadt Bielefeld unter Einbeziehung der Stadtwerke Bielefeld GmbH vor dem Hintergrund geänderter wirtschaftlicher, politischer und ökologischer Aspekte

Zu diesem Punkt wurde von der Ampel-Koalition folgender Beschluss eingebracht:

  1. Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass nach der aktuellen Beschlusslage zur Änderung des Atomgesetzes der Strombezug der Stadtwerke Bielefeld und der Stadt aus dem Atomkraftwerk Grohnde im Jahr 2018 beendet sein wird.
  2. Der Rat bekräftigt darüber hinaus seine Beschlüsse vom 22. 2. 2007 (Leitantrag für kommunalen Klimaschutz), vom 20.9. 2007 (Klimaziele und kommunales Handlungsprogramm zur Reduzierung der CO2-Emissionen) sowie vom 18. 9. 2009 (Dezentrale Energieerzeugung durch die Stadtwerke Bielefeld GmbH).
  3. Vor dem Hintergrund dieser Beschlusslage tritt der Rat der Stadt dem Beschluss des Aufsichtsrates der Stadtwerke Bielefeld GmbH vom 8. Juli 2011 zur „Weiterentwicklung des vorliegenden Energiekonzeptes unter Berücksichtigung der verabschiedeten bundespolitischen Rahmenbedingungen und Darlegung der Konsequenzen für die Stadt Bielefeld, ihre Bürgerinnen und Bürger sowie das Unternehmen Stadtwerke Bielefeld und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” bei.

Dr. Inge Schulze hielt am 21.07.2011 im Rat der Stadt Bielefeld zu TOP 4.1 der Tagesordnung folgende Rede:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

die Zustimmung zu den Atomgesetzen in Berlin bedeutet für das AKW Grohnde das endgültige Abschalten im Jahr 2021. Für die Stadtwerke Bielefeld als Beteiligte an diesem Kernkraftwerk endet das Strombezugsrecht im Laufe des Jahres 2018. Der Beschluss im Rat bekräftigt, dass die Stadtwerke Bielefeld und die Stadt Bielefeld ab 2018 keinen Atomstrom mehr beziehen und verkaufen werden, unabhängig davon, ob E.on Grohnde auch nach 2018 weiter betreibt, weil es aus anderen, früher abgeschalteten Atomkraftwerken dann Restmengen auf Grohnde überträgt. Ob es dazu kommt und wie die Stadtwerke als Miteigentümer an dem Kraftwerk an den durch den Verkauf von Atomstrom von E.on nach 2018 erzielten Gewinnen beteiligt werden, ist heute völlig unklar.

Die Stadtwerke müssen sich mit ihrem Energiekonzept darauf einstellen, ab 2018 nicht mehr über Atomstrom verfügen zu können. Es ist auch keine Option, nach 2018 weiter Atomstrom von E.on zu kaufen. Denn die Bürgerinnen und Bürger wollen keinen Strom mehr aus Grohnde. Es ist auch davon auszugehen, dass kleinere Stadtwerke, die Strom von den Stadtwerken Bielefeld abnehmen um ihn an ihre Kunden weiter zu verteilen, zunehmend auch keinen Atomstrom mehr abnehmen werden.

Deshalb müssen die Stadtwerke alle Energie darauf konzentrieren, das Energiekonzept so zu erweitern, dass sie ab 2018 alle Kunden in Bielefeld aber auch in der Region mit Strom aus regenerativen Quellen und aus hocheffizienten Gaskraftwerken versorgen können.

Noch im April 2011 hatte der Rat den Oberbürgermeister beauftragt, sich um den Verkauf der Anteile an Grohnde zu bemühen um so schnell wie möglich aus der Atomenergie aussteigen zu können. Diese Verkaufsoption wird durch den heutigen Beschluss nicht bestätigt.

Ein Verkauf ist leider völlig unrealistisch. Die Option offenzuhalten, bedeutete, den Menschen in Bielefeld Sand in die Augen zu streuen und ihnen unberechtigte Hoffnungen hinsichtlich des AKW-Anteils zu machen. Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 16. Juli vom „Ladenhüter AKW!” und berichtet von den langjährigen Bemühungen der Stadt München, den Anteil der Stadtwerke am AKW Isar 2 zukaufen. Auch die Versuche von München sind bisher gescheitert. Atomkraftwerke sind innerhalb kürzester Zeit vom “Goldenen Kalb” zum Ladenhüter geworden. Das wird auch dadurch deutlich, dass sich die Börsenkurses der vier großen deutschen Energiekonzerne seit 2008 halbiert haben. Für die Bielefelder Restzeit des Strombezugs von 7 Jahren aus dem AKW Grohnde würde jeder Käufer eine Fülle heute noch nicht kalkulierbarer Risiken einkaufen. Dazu gehören finanzielle Belastungen aus möglichen Sicherheitsanforderungen, die sich aus dem Stresstest der AKWs ergeben haben, die Unsicherheit hinsichtlich einer weitergehenden Beteiligung der Kraftwerksbetreiber an der Errichtung eines Endlagers und der Endlagerkosten, Unklarheit über die Kosten einer verlängerten Zwischenlagerung, da ein Endlager nicht zur Verfügung steht um nur einige Punkte zu nennen.

Der Rat hat in den letzten zehn Jahren viele Beschlüsse mit strategischen Zielen sowohl für die Stadt als auch für die Stadtwerke Bielefeld hinsichtlich Klimaschutz, Energieeffizienz und Energieversorgung gefasst. Leider wurden bisher nicht alle diese Punkte umgesetzt. So fehlt nach wie vor ein umfassendes Konzept für die energetische Sanierung aller städtischen Gebäude. Es fehlt auch eine Offensive um die Wärmeversorgung von Industriebauten mit Erdwärme zu sichern. Strittig sind – trotz einstimmiger Beschlüsse 2007- die für die Stadtentwicklung relevanten Punkte. Der 2007 beschlossene Verzicht auf die Ausweisung neuer Bebauungsgebiete im Außenbereich sowie die Festsetzung von Vorgaben zur Nutzung regenerativer Energien in B-Plänen wird nicht umgesetzt.

Einige der beschlossenen Ziele sind im bisher vorliegenden Energiekonzept der Stadtwerke berücksichtigt und finden sich auch im Beschluss des Aufsichtsrates vom Juli dieses Jahres wieder.

Angesichts der grundlegenden Veränderung in der Energieversorgung der Zukunft werden noch weitere Beschlüsse des Rates mit der Beschreibung strategischer Ziele notwendig sein. Mini-BHKWs stoßen auch in Bielefeld auf ein riesiges Interesse. Es muss alles getan werden, um diese Produkte vom Nischenprodukt mit einigen hundert Anlagen in Bielefeld zum Massenprodukt zu machen, um den in Bielefeld schon hohen Anteil an Kraft-Wärmekopplung aus zentralen Kraftwerken um dezentrale Anlagen zu ergänzen. Auch liegt in der Nutzung der Wärme aus Abwasser ein großes Potential für die Zukunft.

Die breite Bürger/innenbeteilung, die in den nächsten Monaten während der Erarbeitung des Energiekonzeptes vorgesehen ist, wird hoffentlich viele weitere Anregungen geben, um die Energiewende in Bielefeld zu beschleunigen und uns spätestens 2018 unabhängig von Atomstrom zu machen.