Verabschiedung des Haushaltsplans 2013

Klaus Rees
Klaus Rees

Klaus Rees hielt am 07.03.2013 im Rat der Stadt Bielefeld zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2013 folgende Rede:

“Lassen Sie mich mit der guten Nachricht beginnen: der Haushalt 2013, den wir heute mit dem Haushaltsbegleitbeschluss beschließen ist genehmigungsfähig, weil wir den Haushaltsausgleich im Jahr 2022 darstellen können. Das ist ein gutes Zwischenergebnis, mit dem wir unsere Handlungsfähigkeit auch weiterhin behalten und nicht dem Sparkommissar aus Detmold die Entscheidung darüber überlassen müssen, was noch geht und was nicht.

Die nicht so gute Nachricht folgt aber bereits auf dem Fuße, denn wir haben die Aufgabe, bis zum Jahr 2016 weitere Aufwandssenkungen in Höhe von 10 Mio. Euro zu konkretisieren und umzusetzen. Nur mit dem im Haushaltsbegleitbeschluss enthaltenen Konsolidierungspaket in Höhe von insgesamt mehr als 21 Mio. Euro ist die Erfüllung der Vorgaben zur Erreichung des Haushaltsausgleichs 2022 darstellbar.

Wie kam es zu der Notwendigkeit, bereits in diesem Jahr den bereits sicher geglaubten Pfad korrigieren zu müssen?

Es war uns zu Beginn des HSK-Prozesses klar, darüber haben wir hier auch diskutiert, dass trotz der 10jährigen Laufzeit auch weiterhin jährliche Haushalte vorzulegen und die zwischenzeitlich bekanntgewordenen Veränderungen einzuarbeiten sind. Die Plandaten sind aufgrund vorgegebener Kalkulationsverfahren nachzuvollziehen.

Nun kennen wir die Tarifabschlüsse und andere Aufwandssteigerungen und müssen diese ebenso „einpreisen” wie die Entwicklung der Ertragspositionen. Und genau dabei hatten wir im abgelaufenen Jahr ein erhebliches Problem dadurch, dass die kalkulierten Gewerbesteuern nicht erreicht werden konnten. Vielmehr blieben diese um 30 Mio. Euro hinter den Erwartungen zurück. Nun kann man lange darüber spekulieren, was die Ursache für diese Entwicklung ist. Meiner Ansicht nach hat die Verwaltung hier nicht schlecht oder zu optimistisch gerechnet, sondern es haben uns schlicht zwei Faktoren getroffen, die in ihrer Addition zu dem genannten Ergebnis führten. Einerseits wissen wir bereits seit Jahren, dass Bielefeld offensichtlich wegen seiner Wirtschaftsstruktur immer erst mit einer Verzögerung dem Landes- oder Bundestrend folgt-übrigens in guten wie in schlechten Zeiten. Andererseits gab es unerwartete Gewerbesteuerausfälle bei zwei der bislang stabilsten Steuerpflichtigen, die bereits mehr als die Hälfte der genannten Summe ausmachen. Kann man bei der Ursachensuche noch zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, so ist jedoch die Konsequenz klar: die Ansätze für den Haushalt 2013 und die mittelfristige Finanzplanung waren anzupassen. Das führte zu der Notwendigkeit des Haushaltsbegleitbeschlusses, den die Verwaltung in der Folge erarbeitete und zur Beratung vorlegte. Zuvor war bereits notwendig gewesen die für 2013 geplanten investiven Maßnahmen um 4,5 Mio. Euro zu reduzieren um den Vorgaben der Bezirksregierung bei der Genehmigung des Haushaltssicherungskonzepts 2012 gerecht zu werden. Auch war es notwendig, den größten Teil der im HSK für das Jahr 2014 vorgesehenen Umsetzung der globalen Minderausgabe von 2,8 Mio. Euro bereits im laufenden Jahr zu erbringen. Außerdem standen und stehen noch einige Maßnahme aus dem HSK 2009-2014 zur Umsetzung an. Obwohl bislang noch nicht alle HSK-Maßnahmen umgesetzt werden konnten, wird doch insgesamt das Konsolidierungsziel von mehr als 40 Mio. Euro in 2014 erreicht.

Warum erzähle ich alles das?

Ich erzähle es, um deutlich zu machen, dass wir sehr wohl viel getan haben und tun, um Aufwände zu senken und Erträge zu steigern, das wir mit mehreren Konsolidierungs-Programmen unterwegs sind, um das strukturelle Defizit der Stadt abzubauen und dass wir es uns alles andere als leicht machen, wenn wir heute dem Vorschlag des Oberbürgermeisters folgen und die Steuern erhöhen. Erneut erhöhen, nachdem wir das bereits im Jahr 2011 machen mussten. Viele bezeichnen das, was fast alle NRW-Großstädte derzeit machen müssen, um ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen als „Vergeblichkeitsfalle”.

Richtig ist: es gibt derzeit schönere Politikfelder als kommunale Haushalts- und Finanzpolitik; Sparen macht halt nun einmal naturgemäß nicht sonderlich Spaß. Dennoch ist es wichtig und richtig, was wir tun, denn wir sind es letztlich den folgenden Generationen schuldig. Wir können und dürfen nicht kaputte und bankrotte Gemeinwesen hinterlassen. Generationengerechtigkeit bedeutet, dass man die Folgen und Kosten, für das, was sich eine Generation leistet nicht der oder den folgenden Generationen hinterlässt. Obwohl wir uns diesem Prinzip verpflichtet sehen, gehört es auch zur Wahrheit zu sagen, dass wir trotz aller geschilderten Konsolidierungsmaßnahmen noch nichts unternommen haben oder besser gesagt noch nichts unternehmen konnten, die weiter auflaufenden Kredite abzubauen. Solange der Haushaltsausgleich nicht geschafft ist, werden die Liquiditätskredite von aktuell nahezu 500 Mio. Euro weiter ansteigen. Bei den derzeitigen Zinsen, die so niedrig wie nie sind, tun uns diese noch nicht weh, wir haben es aber dann mit einer tickenden Zeitbombe zu tun, wenn sich das Zinsniveau wieder nach oben bewegt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der fortschreitende Verzehr unseres Eigenkapitals. Mit jedem weiteren defizitären Haushalt näheren wir uns langsam aber sicher der bilanziellen Überschuldung. Auch diese gilt es zu vermeiden: eine weitere Motivation für dauerhaft wirksame Konsolidierungen!

Und genau diese müssen wir konsequent angehen. Wir haben in einer politischen Ergänzung zum vorgelegten Haushaltsbegleitbeschluss deutlich gemacht, dass wir die Konsolidierungsziele, die die Verwaltungsspitze uns vorschlägt mittragen und sie sogar noch verschärfen wollen. So möchten wir im laufenden Haushalt insgesamt 2,5 Mio. Euro im Sachkostenbereich einsparen, statt 50% wollen wir 75% der durch Fluktuation frei werdenden Stellen einsparen. Das ist nach 10 Jahren Haushaltskonsolidierung ein ehrgeiziges Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn Verwaltungsstrukturen nachhaltig verändert werden. Leistungen werden teurer, vielleicht dauern Baugenehmigungen demnächst länger oder müssen die Öffnungszeiten eingeschränkt werden. Ämter, auch Bezirksämter, müssen ebenso auf den Prüfstand, wie Standards der Leistungserbringung oder die Stäbe der Dezernenten. Freiwillige Leistungen wie frühkindliche Gesundheitsförderung oder defizitäre städtische Unternehmen müssen überprüft und gegebenenfalls eingeschränkt werden.

Auch bei uns selber muss gespart werden: die Anzahl und Größe von Bezirksvertretungen sind ebenso zu prüfen wie die Größe des Rates. Ich weiß, dass solche Prüfungsaufträge nicht von allen gerne gesehen werden, dennoch müssen wir sie geben, um bei den unvermeidlichen Kürzungen oder Streichungen deutlich machen zu können, dass wir abgewogen haben und auch unbequeme Entscheidungen getroffen haben.

Natürlich werden Ertragssteigerungen ebenfalls auf der Agenda stehen. Diese müssen jedoch auch weiterhin in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Aufwandsreduzierungen stehen.

Dieses ausgewogene Verhältnis haben wir, meiner Meinung nach, bei den heute zu entscheidenden Hebesatzerhöhungen gewahrt. Wenn wir die Grundsteuer um 10% und die Gewerbesteuer um 3,7% erhöhen und sie damit auf das Niveau der vergleichbaren Großstädte in NRW bringen, dann steht das in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Aufwandsreduzierungen, die ich dargestellt habe und die noch erfolgen werden. Und vor allem: sie sind begründbar durch das, was wir als Stadt Bielefeld an harten und weichen Standortfaktoren bereitstellen.

  • Wir sind gerade dabei unsere Schulen und Kitas zukunftsfähig auszubauen,
  • wir erhalten eine kulturelle Infrastruktur, die sich sehen lassen kann,
  • wir bauen den Öffentlichen Personennahverkehr aus,
  • wir haben mit dem Kesselbrink einen bedeutenden innerstädtischen Platz zum Nutzen aller Bielefelderinnen und Bielefelder entwickelt.
  • Und, auch das kann nicht oft genug gesagt werden, wir weisen in einem erheblichen Umfang neue und attraktive Gewerbeflächen aus. Mit dem „Erdbeerfeld” und dem Zweiten Bauabschnitt des Interkommunalen Gewerbegebiets stellen wir mehr als 40 ha zusätzlich bereit. Soviel wie in den letzten 10 Jahren nicht.

Diese Fakten müssen auch alle diejenigen zur Kenntnis nehmen, die insbesondere die Gewerbesteuererhöhung lautstark beklagen. Ohne einen genehmigten Haushalt und HSK wäre all das nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich. Und eine Steuererhöhung wäre wahrscheinlich mit das Erste, das uns ein Sparkommissar auferlegen würde. Das sollten wir bei all den Mühen, die Sparen und Haushaltkonsolidieren bereiten, nicht aus den Augen verlieren.

Das gilt im Übrigen auch für die vielen Partner, mit denen wir demnächst neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen abschließen wollen. Hier müssen und wollen wir einen möglichst breit getragenen Kompromiss erreichen, der uns trotz der aufgezeigten Haushaltslage in die Lage versetzt, möglichst viele Leistungen auskömmlich zu finanzieren. Um das gewährleisten zu können, müssen wir uns aber zunächst auf Einschnitte verständigen. Ich bitte an dieser Stelle ausdrücklich die Vertragspartner: seien Sie gesprächs- und kompromissbereit, um das Beste zu erreichen, was angesichts der finanziellen Restriktionen möglich ist!

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit der Verabschiedung des Haushalts und des Stellenplans beginnen wir heute einen Weg, der nicht einfach werden wird. Denn die „einfachen” Einsparungen sind bereits erfolgt. Jetzt geht es für uns alle um das „Eingemachte”, um spürbare Einschnitte und Einschränkungen. Wir werden nicht mehr allen Wünschen und Erwartungen gerecht werden können und dennoch ist er richtig. Allen denen, die sich auf diesen Weg begeben, wünsche ich, dass uns dabei der Mut für das Notwendige nicht verlässt!”

Es gilt das gesprochene Wort!