Zukunft gestalten in bewegten Zeiten – Bilanz und Ausblick zur Halbzeit der Kommunalwahlperiode

Beschluss der Jahreshauptversammlung am 25. März 2023

Seit knapp zweieinhalb Jahren gestalten wir GRÜNEN zusammen mit der SPD und
DIE.LINKE in so noch nie dagewesenen Zeiten die Bielefelder Kommunalpolitik.
Nach den Herausforderungen der Corona-Pandemie kamen mit den Folgen des
russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine (Energiekrise, Inflation, Aufnahme
von Geflüchteten) weitere große Aufgaben zu den bereits bestehenden Gefährdungen
durch die Biodiversitäts- und Klimakrise hinzu, die sich auch kommunal massiv
auswirken. Die Arbeit der Koalition in diesen Zeiten war und ist herausfordernd.

In vielen Politikfeldern konnten aber durch gute Zusammenarbeit und beharrliches
Engagement Erfolge und Fortschritte erreicht werden.So ist uns trotz der finanziellen Anforderungen in Zeiten multipler Krisen
gelungen, eine Haushaltssicherung zu vermeiden. Im Umweltbereich haben wir endlich eine Baumschutzsatzung eingeführt, ein
wichtiges Instrument zum Erhalt unserer Bäume, und das Konzept zur naturnahen
Waldbewirtschaftung auf den Weg gebracht. Ökologisch wertvolle Flächen wie das
Hagenbrockwäldchen konnten wir vor einer Bebauung schützen und mit den
Förderprogrammen für Photovoltaik, zur Dach- und Fassadenbegrünung und zur
naturnahen Umwandlung von Schottergärten konnten echte Erfolgsprojekte
eingeführt und fortgesetzt werden. Mit der neuen Stelle der Leerstandsmanagerin wird es in Zukunft besser gelingen,
Leerstände zu nutzen und Baulücken anzugehen. Durch GRÜNES Engagement steht eine von Wissenschaft und Forschung begleitete Machbarkeitsprüfung einer kommunalen Gemeinwohlbilanzierung in den Startlöchern. Durch die Baulandstrategie ermöglichen
wir mehr bezahlbaren Wohnraum. Mit dem Bauprogramm im Bereich Schule machen wir die städtischen Schulen fit für
die zukünftigen Schüler*innen. So werden derzeit einige Schulen neu gebaut,
erweitert und saniert. Mit dem Bildungscampus schaffen wir einen neuen Lernort
in Bielefeld Mitte mit einem Gymnasium und einem integrierten System sowie einem
Förderzentrum für Inklusion. In den letzten Monaten sind viele Menschen nach Bielefeld gekommen, die vor dem
Krieg in der Ukraine geflohen sind. Es ist den vielen Akteur*innen in
Verwaltung, Kommunalpolitik, Sozialverbänden und Zivilgesellschaft gelungen,
Unterkünfte, Versorgung und Unterstützung für Geflüchtete sicherzustellen, wie
unter anderem mit der Zwischennutzung der Häuser, in denen Angehörige der
britischen Armee gewohnt haben. Zur Erhaltung des sozialen Netzes haben wir die Leistungs- und
Finanzierungsvereinbarungen mit freien Trägern erweitert und verlängert.
Maßnahmen wie ein preiswertes Bielefeld-Pass-Ticket für den ÖPNV, der
kostenloser Eintritt in Schwimmbäder für Bi-Pass-Ticket-Inhaber*innen,
kostenlose Museumsbesuche für Minderjährige und die kostenlose Ausgabe von
Menstruationsartikel in Schulen und an öffentlichen Orten waren kleine, aber
bedeutsame Schritte für die Förderung sozialer Gerechtigkeit. Wir gehen zuversichtlich und mit einer klaren Haltung in die zweite Halbzeit der
Wahlperiode:

Flächen als das kostbare Gut behandeln, das sie
sind!

Die effiziente Nutzung bereits versiegelter Flächen und bestehender Gebäude
haben für uns oberste Priorität. Mit Beratungsmaßnahmen sowie Informationskampagnen schaffen wir Wohnraum im
Bestand durch Untervermietung, Dachgeschossausbau oder Trennung von Wohnungen. In einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe werden bis zum Sommer Leitlinien
für Neubauten im Bereich Wohnen und Gewerbe auf bereits versiegelten Flächen in
Mehrgeschossbauweise entstehen, flächenfressende Bauten auf der grünen Wiese
müssen der Vergangenheit angehören. Neue Quartiere, die z.B. auf
Konversionsflächen entwickelt werden, sind stark autoreduziert- bis autofrei zu
planen. Die Kriterien und Vorgaben des Zielkonzepts Naturschutz und das
Klimaanpassungskonzepts sind einzuhalten, Flächen wie der Sprungbachwald bleiben
erhalten.

Ressourcen schützen!

Die Verfügbarkeit unserer Rohstoffe ist endlich, deshalb mit ihnen sorgsam
umgehen. Gerade der Bausektor verschlingt Unmengen von Energie und Rohstoffen.
Wir setzen uns ein für Sanierung im Bestand statt Neubau, für die Nutzung von
Recyclingbaustoffen und Cradle-to-Cradle-Bauelementen. Am besten ist, wenn Abfall gar nicht erst entsteht. Deswegen unterstützen wir
Mehrweg in den Bielefelder Gastros, den unverpackten Einkauf und Zero-Waste-
Konzepte. Stadtfeste müssen auch für die Umwelt ein Grund zum Feiern sein. Das
geht am besten mit Mehrweggeschirr und Spülmobil.

Mobilitätswende konsequent weiterführen!

Eine große Herausforderung ist nach wie vor die Mobilitätswende, ohne die die
Klimaziele im Verkehrssektor nicht erreicht werden können. Der öffentliche Raum
und das Investitionsaufkommen müssen endlich gerecht gestaltet werden, denn in
Bielefeld ist es derzeit vor allem eins: autogerecht! Die Nutzung des
öffentlichen Raumes als Autoparkplatz muss beschränkt werden und einen
angemessenen Preis haben, auch für Anwohner*innen. Wir stehen für eine
Parkraumbewirtschaftung, die dies zum Ausdruck bringt. Mit der Mobilitätsstrategie und den Umsetzungskonzepten (z.B. Rad- und
Fußverkehrskonzept) sind wichtige und zukunftsweisende Grundsteine gelegt, deren
Umsetzung Priorität genießen muss. Eine Radstation im Bunker am Hauptbahnhof und die zügige weitere Planung der
Linie 1-Verlängerung nach Sennestadt unter Erhalt des Waldgebiets an der
Württemberger Allee sind für uns wichtige Meilensteine. Wir streben weiter an, die Innenstadt sowie Plätze und Flaniermeilen in den
Stadtteilen für eine bessere Aufenthaltsqualität autofrei zu gestalten.

Klimaschutz in der Stadt ausgestalten!

Unser Wald hat unter den letzten trockenen Jahren erheblich gelitten. Wir setzen
uns für eine naturnahe Waldbewirtschaftung ein und eine Zertifizierung unseres
Waldes mindestens nach FSC-Kriterien, besser noch nach Naturland. Der Klimawandel ist spürbar. Wir brauchen mehr Grün in der Stadt: ob
Straßenbaumkonzept, Fassaden- und Dachbegrünung, Entsiegelung von Flächen und
Umwandlung von Schottergärten. Wir streben die Umsetzung von städtischen klimaresilienten BestPractice-Flächen
als gutes Beispiel für die Bielefelder*innen an.

Regenerative Energien fördern!

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist essentiell für mehr Klimaschutz und
Energiesicherheit. Durch die geänderte Landesgesetzgebung ergeben sich neue
Potentiale für Windkraft und Photovoltaik für Bielefeld. Der Bau von
Windenergieanlagen auf Industrie- und Gewerbeflächen und entlang von
Verkehrswegen wird ermöglicht. Auch für Wärmepumpen und Kleinst-
/Mikrowindanlagen fallen verhindernde Abstandshürden. Diese neuen Möglichkeiten
wollen wir ausschöpfen. Die dezentrale Energieerzeugung in Händen der Bürger*innen und die Möglichkeit,
sie finanziell beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu beteiligen, sind wichtig
für die Akzeptanz vor Ort. Der Kreis Steinfurt ist ein gutes Beispiel, wie die
regionale Energiewende gelingen kann. Dort haben Vertreter*innen aus Verwaltung,
Politik, Bürger*innengenossenschaft, Landwirtschaft, Naturschutz und Stadtwerken
gemeinsam Leitlinien erarbeitet, um den weiteren Ausbau der Erneuerbaren
Energien verträglich für Mensch und Natur auszurichten. Wir unterstützen die Gründung von Bürger*innenenenergiegenossenschaften für die
regionale Energiewende.

Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen
wertschätzen und ernstnehmen!

Bildung fängt in der Kita an. Unsere Aufgabe ist es, alles kommunalpolitisch
Mögliche zu tun, um die Stabilität und Qualität der Kinderbetreuung zu sichern
und auszubauen. Dabei regeln wir die Beiträge und Finanzierung neu, um Eltern
weiterhin zu entlasten. Zentral ist für uns die Gestaltung sicherer Schulwege, vor allem für
Grundschulkinder. Dazu müssen kommunale Schulwegpläne überarbeitet werden und
Elterntaxen verringert werden. Darüber hinaus wollen wir Schulen sichtbarer im
Straßenbild machen durch Gestaltungselemente, die wir gemeinsam mit den Kindern
und Jugendlichen gestalten wollen. Sichere und kinderfreundliche Wege wollen wir auch rund um Spielplätze ausweiten
und Schulhöfe als Spielorte öffnen, so dass sich Kinder auch in der Freizeit
eigenständig im Quartier bewegen können. Die Beteiligung von jungen
Bielefelder*innen wollen wir mit dem Kinder- und Jugendparlament deutlich
verstärken und in 2023 an den Start bringen!

Fachkräfte für Bielefeld ausbilden und gewinnen!

Wir wollen den Fachkräftemangel bekämpfen, indem wir Ausbildungsstellen
attraktiver machen, Berufskollegs sichern und ausbauen sowie nach kommunalen
Möglichkeiten suchen, bestehende Fachkräfte zu entlasten, um die Arbeitsplätze
zu sichern. Für Azubis soll es Plätze in Wohnheimen geben. Im Pflegesektor soll
der Mensch im Mittelpunkt stehen, weswegen wir das etablierte Bielefelder Modell
in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Akteur*innen unbedingt erhalten wollen.

Bielefeld für alle gestalten!

Das Zusammenleben in der Stadtgesellschaft ist so vielfältig wie die
Bewohner*innen selbst. Wir setzen uns für eine feministische Stadtentwicklung
ein. Wir wollen mit dem Hitzeaktionsplan grüne und schattige Orte vom Kesselbrink bis
zur Hauptstraße in Brackwede über das gesamte Stadtgebiet schaffen. Mit neuen
Begegnungsbänken für jeden Bezirk können Ruhezonen und Kommunikation den
Zusammenhalt von Jung und Alt stärken. Orte für Austausch und Kreativität sind dabei besonders wichtig, weswegen wir
das Kulturhaus Ostblock unbedingt erhalten und eine langfristige Perspektive
bieten wollen. Wir setzen uns für die externe Erstellung eines Gesamtkonzeptes „Öffentliche
Toiletten“ in Bielefeld ein. Dabei sollen in allen Zentren der Bezirke,
Endhaltestellen, Umsteigeplätzen und Plätzen mit besonderer Aufenthaltsqualität
sowie flächendeckend in der Innenstadt Toiletten bedarfsgerecht und barrierefrei
neu errichtet beziehungsweise im Bestand ertüchtigt werden. Wir wollen
mindestens 25 zusätzliche (mobile) Toiletten. Toiletten sind essenzieller
Bestandteil für die Infrastruktur einer Stadt, um insbesondere ältere Menschen,
Familien und Erkrankte teilhaben zu lassen. Dort soll zudem ein kostenloser
Zugang zu Menstruationsartikeln gesichert werden.

Finanzen in Ordnung halten, in die Zukunft
investieren!

Seit dem Doppelhaushalt 2020/2021 sind wir zwar aus dem Korsett der
Haushaltssicherung heraus. Dennoch steht es mit den städtischen Finanzen nicht
zum Besten. Die Defizite der kommenden Haushaltsjahre können durch Entnahmen aus
der Ausgleichsrücklage noch ausgeglichen werden, da diese Möglichkeit jedoch
endlich ist, werden wir in der Koalition auf Haushaltsdisziplin achten. Die steigenden Personal- und Sachkosten werden wir ebenso im Blick behalten, wie
die Risiken durch steigende Zinsen und die Auswirkungen der Inflation. Nur
dadurch kann es uns gelingen, unser ehrgeiziges Investitionsprogramm zu
finanzieren.
Durch die Einführung eines „Gender Monitoring“ machen wir den ersten Schritt auf
dem Weg zu einer geschlechtergerechten Verwendung der kommunalen Finanzen.

Innenstadt weiterentwickeln!

Die Innenstadt wollen wir attraktiver, klimaresilienter und fit für die Zukunft
machen. Das Projekt „Altstadt.raum“, die breitgetragene Initiative zur
Verbesserung des Bahnhofstrassenquartiers sowie die Umgestaltung des
Bahnhofsumfelds werden wir intensiv begleiten und unterstützen. Auch die
Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf Innenstadtplätzen (Emil-Groß-Platz,
Klosterplatz, Kesselbrink, Ostmarkt) und die bessere Nutzung öffentlicher Räume
stehen auf unserer Agenda.