05/09: Anmietung von weiteren Flächen des Amerika-Hauses für die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv/Landesgeschichtliche Bibliothek

Hartmut Geil
Hartmut Geil

Hartmut Geil hielt im Rat der Stadt Bielefeld am 14.05.2009 folgende Rede:

Haus der Bildung

Anrede,

heute stellen wir die Weichen für die Umwandlung der Immobilie Amerikahaus in ein Haus der Bildung. Deshalb sollten wir uns den Ablauf nochmals vor Augen führen.

Ausgang war der Ratsbeschluß vom 16.11.2006. Sein Inhalt war die Schaffung einer modernen Stadtbibliothek am jetzigen Standort. Diesen Beschluß haben wir abgearbeitet. Zunächst legte der Leiter der Stadtbibliothek in einem ersten Schritt die bibiliotheksfachlichen Anforderungen an eine Stadtbibliothek in unsere Zeit dar. In einem zweiten Schritt wurden dann errechnet, welche Raumgrößen zur Verwirklichung eines solchen Konzepts erforderlich sind.

Diese Grundlagen wurden in den Arbeitsgruppen gebilligt – dann kam die Stunde der Architekten. Diese stellten zu unserer Freude fest, dass im Gebäude Wilhelmstraße die räumlichen Anforderungen durch einen großzügigen Umbau verwirklicht werden könnten. Unsere Freude ließ allerdings merklich nach, als im nächsten Schritt die Kosten dieser Maßnahmen ermittelt worden waren: Das hätte die Stadt nicht stemmen können.

Wir begannen jetzt, uns Gedanken zu machen über einen Kompromiss zwischen dem fachlich Erforderlichen und dem Finanzierbaren. Zugleich begannen die Gedanken über die praktische Abwicklung des zweijährigen Umbaus, insbesondere die Suche nach einem Ausweichweichquartier. Praktisch kam hierfür nur das Amerikahaus in Betracht.

Zu diesem Zeitpunkt – es war Herbst 2007 – entstand in der Verwaltung die Idee, die verlorenen Kosten für die Herrichtung eines Provisoriums und die Kosten für einen 2. Umzug zurück in die alten Räume zu vermeiden. Sie hat geprüft, ob sich das Amerikahaus als dauerhafter Standort der Stadtbibliothek eignete. Gerade wir GRÜNEN standen diesem Gedanken skeptisch gegenüber, und stimmten dem Prüfauftrag nur mit Bedenken zu.

Es folgte eine Phasen harte Arbeit und heißer Diskussionen. Die Verwaltung hat gerechnet und den Plan entwickelt, auch das Stadtarchiv – derzeit eher notdürftig untergebracht – einzubeziehen. Wir GRÜNEN haben die Alternativen abgeklopft, die Räume in Augenschein genommen und wir haben die kalkulatorischen Parameter geprüft und wir haben selbst gerechnet. An einzelnen Punkten stimmten die Annahmen der Verwaltung nicht. Aber wir haben gesehen:

Die Grundannahmen sind im Ergebnis richtig, im Bestand hätte ein solches Projekt auch bei konservativsten Grundannahmen und bei vorsichtigster Rechnung unvergleichlich höhere Kosten verursacht: Für viel mehr Geld hätten wir viel weniger Bibliothek und viel weniger Archiv bekommen. Und jetzt steht nach zähen Verhandlungen die Entscheidung an.

Meine Damen und Herren, ich mache diesen Rückblick, weil ich Ihr Augenmerk darauf lenken will, wo wir gestartet sind in und wo wir jetzt stehen:

„Die Bibliothek der Zukunft ist ein multimedialer öffentlicher Raum, der zur Kommunikation anregt, die Phantasie beflügelt und Information in unterschiedlichster Form bereithält. Ein multimediales Spielfeld, in dem zu lernen Spaß macht und das allen Generationen und allen Schichten etwas bietet.“

Diese Beschreibung einer modernen Bibliothek stand am Anfang der fachlichen Studie, mit der unsere Arbeit begonnen hat. Wir sind von den sachlichen Inhalten, nicht von Ideologien und vorgeblichen Zwängen ausgegangen, und heute gehen wir daran, diese Inhalte Wirklichkeit werden zu lassen.

Das ist ein Grund zur Freude und zum Dank. Wir danken der Bauverwaltung mit Herrn Moss und der Kulturverwaltung mit Herr Dr. Pohle an der Spitze, dabei insbesondere Herrn Boberg und den Herren Pilzer und Dr. Rath. Und Herrn OB David der an den wichtigen Stellen selbst eingegriffen hat. Und ich danke Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen für konstruktive Zusammenarbeit.

Manchen von Ihnen danke ich aber nur ein bisschen. Dabei habe ich kein Problem damit, dass unsere Abstimmung heute nicht einstimmig sein wird. Und ich habe nur ein kleines Problem damit, dass sich die Linkspartei zeitweise im Ton mächtig vergriffen hat. Das wirkliche Problem besteht in der Verweigerungshaltung einiger.

Man kann ja der Auffassung sein, kommunales Eigentum dürfe nie verkauft werden. Andere meinen „Privat vor Staat“. Ich persönlich kann ideologischen Vorfestlegungen nichts abgewinnen, egal ob sie als Drei-Wort-Sätze oder im spätsozialistischen Outfit daher kommen. Aber man kann drüber reden und manchmal kann man trotzdem im Konkreten gemeinsam weiterkommen.

Nicht reden kann man mit einem, der sich hinstellt und einfach behauptet, das Teurere sei das Billigere. Besonders ärgerlich ist das, wenn er oder sie an Diskussionen über „teuer“ und „billig“ teilgenommen hat und nie auch nur den Versuch unternommen hat, seine Auffassung verständlich zu machen. Man muss  für das Teurere kämpfen, wenn man glaubt es sei das Bessere. Man muss dann aber erklären, was denn so viel besser sein soll und vor allem, woher das Geld kommen soll. Und auch alle Kritik am Finanzkapital, mag sie berechtigt sein oder nicht, spült hier und heute keinen einzigen Cent in die Bielefelder Stadtkasse.

Wir schulden allen Mitgliedern dieses Hauses Respekt, weil sie von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt sind. Aber dem korrespondiert die Verpflichtung, an der Lösung der konkreten Probleme, die sich hier und jetzt wirklich stellen, konstruktiv mitzuwirken.

Dazu lade ich alle ein, in dieser Frage und in anderen. Wir werden gute Räume für Stadtbibliothek und Stadtarchiv bekommen. Aber es wird – gerade angesichts der Wirtschaftkrise und ihrer Folgen – ein Kraftakt werden, unser „Haus der Bildung“ so auszustatten, dass es seine Aufgaben wirklich erfüllen kann. Diese Aufgabe haben wir noch vor uns. Wir müssen sie lösen, gerade im Interesse der Kinder und der Erwachsenen in unserer Stadt, die nicht auf der Sonnenseite der Gesellschaft leben. Je mehr dabei mithelfen, desto besser.

Es gilt das gesprochene Wort!