05/09: Arbeitplus in Bielefeld GmbH – Verlängerung des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die Errichtung und Übertragung von Aufgaben gemäß § 44 b SGB II

Lisa Rathsmann-Kronshage
Lisa Rathsmann-Kronshage

Lisa Rathsmann-Kronshage hielt vor dem Rat der Stadt Bielefeld am 14.05.2009 folgende Rede:

Wir haben heute eine Beschlussvorlage zur Vertragsverlängerung von Arbeitplus um 1 Jahr vorliegen, die wir heute beschließen sollten und beschließen müssen. Ich möchte diese Vertragsverlängerung für einen kurzen, stichpunktartigen Rückblick nutzen.

  • erster Vertrag ist am 21.12.04 beschlossen worden, Ausgangspunkt war die Umsetzung des SGB II
  • Vorstellungen bei der Gründung der Arge: leistungsfähige, schlanke Gesellschaft mit zwei gleichberechtigten Partnern, Hilfen aus einer Hand für Arbeitslose, Gleichgewicht zwischen Fördern und Fordern, das Geld für die Unterstützung Arbeitsloser auszugeben und nicht für bürokratische Strukturen
  • Unsere Hoffnung, anfängliche Schwierigkeiten würden sich als schnell zu erledigende Kinderkrankheiten erweisen, hat sich nicht bestätigt
  • Diese Kinderkrankheiten waren leider nicht schnell auskuriert, im Gegenteil, die Krankheiten nahmen massiv zu und die Krankheitsbilder wurden drastischer
  • Der Geburtsfehler, dass die Argen kein eigenes Personal einstellen dürfen, hat uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt, in der Arge hat das zu unterschiedlicher Bezahlung der Mitarbeiter bei gleicher Arbeit, zu unterschiedlicher Verweisungsbefugnis, zu befristeten Arbeitsverträgen und vor allem zu einer hohen Fluktuation des Personals geführt.
  • Wir haben in Bielefeld versucht, die auftretenden  Schwierigkeiten zu lösen. Wir  mussten aber zunehmend zur Kenntnis nehmen, dass der kommunale Einfluss beispielsweise in der Gesellschafterversammlung von Arbeitplus sich doch – salopp ausgedrückt- überaus überschaubar gestaltet. Die zunehmende Bürokratisierung durch Handlungsanweisungen konnten wir nur Kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen, ebenso wie den damit verbundenen massiven Arbeitsanfall für die Mitarbeiter.
  • Ich glaube wir waren in Bielefeld sehr aktiv und  haben – teilweise auf unsere Initiative- mehrfach auf unterschiedliche Problemlagen aufmerksam gemacht, wie die Notwendigkeit einer stärkeren kommunalen Einflussnahme auf die Planung der Angebote, Auswirkungen von Geschäftsanweisung auf die Maßnahmeplanung, hier sei nur an den Wegfall der Sprachkurse erinnert,  und  sie auf die Bundesebene transportiert. Ich erinnere hier nur an Schreiben an den Bundesminister für Arbeit Herrn Scholz, an Gespräche mit Bundestagsabgeordneten, an Ausschussbeschlüsse, an Pressetermine  um nur einige Beispiele zu nennen. Die Fachpolitiker in der Kommune waren sich hier immer sehr einig und haben gemeinsame Forderung aufgestellt, dies immer im Interesse der Betroffenen Bürger
  • Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Dez. 07, das eine neue gesetzliche Regelung der Konstruktion der Argen notwendig macht, haben wir darauf hingewiesen, dass wir Klarheit brauchen, wie die weitere Perspektive der Argen aussieht, und wir haben auch deutlich gemacht, welche kommunalen Interessen bei der gesetzlichen Gestaltung notwendig und zu berücksichtigen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat dafür die jetzige Form der Argen bis zum 31.12.2010 gestattet.
  • Was ist passiert: die Bundesregierung und damit die beiden großen Parteien SPD und CDU zeigen nicht eine nicht zu überbietende Beratungsresistenz gegenüber unterschiedlichen Gremien wie der Kommunalpolitik, des Städtetages, Arbeitsgemeinschaft der Argegeschäftsführungen, in Bezug auf die Ausgestaltung des Gesetzes ect.
  • Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, sich auf gesetzliche Grundlagen zu verständigen in welcher Form das SGB II zukünftig weiter umgesetzt werden soll und hier hilft auch kein schwarzer Peter Spiel, welche Partei das nun zu verantworten hat, die Regierung hat es nicht geschafft
  • Sie hat das Problem bis nach der Bundestagswahl verschoben
  • Ich halte das für unverantwortlich und kann es nur aufs schärftste kritisieren
  • Das heißt wir wissen immer noch nicht, wie es 2011 weiter gehen soll!
  • Bei der Frage der Vertragsverlängerung für die Argen bis 2010 kann man aus meiner Sicht ebenfalls nur von einem – entschuldigen sie die drastische Bezeichnung-  „Eiertanz“ sprechen. Im letzten Jahr durften die Verträge verlängert werden. Da setzten wir in Bielefeld auf eine zügige gesetzliche Regelung. Pech gehabt, es kam nicht so. Dann durften die Verträge nicht mehr verlängert werden. Der möglicherweise dahinter stehende Versuch, damit Druck auf eine gesetzliche Regelung zu schaffen lief ins Leere. Noch in der SGA Sitzung am 10.3. teilte Herrn Richter für die Agentur für Arbeit mit, das er gerne eine Vertragsverlängerung abschließen würde, ihm dies aber von der Bundesagentur für Arbeit nicht gestattet sei.  Seit dem 18.3. nun die Entscheidung  des Bundesministerium für Arbeit, dass auslaufende Verträge- wie in Bielefeld- nun doch um 1 Jahr verlängert werden dürfen. Wir werden das tun, das hin und her schafft aber Irritationen und Verunsicherungen auch in der Mitarbeiterschaft und mit diesen Auswirkungen haben wir uns dann wieder kommunal auseinanderzusetzen.
  • Wer glaubt, dass wir mit der Vertragsverlängerung alle Probleme gelöst haben- wie das teilweise auf Bundesebene dargestellt wird- , der befindet sich auf dem Holzweg. Wir haben etwas Luft bekommen, das ist gut so und war absolut notwendig. Wir brauchen zügig eine langfristige Perspektive für die Argen. Wir brauchen für die Beschäftigten bei Arbeitplus eine Perspektive unter welchen Rahmenbedingungen sie ab 2011 arbeiten werden. Und wir brauchen für unsere städtischen Planungen eine zeitnahe Perspektive wie es 2011 weitergehen soll. In der Vorlage ist differenziert auf die Problemlage eingegangen worden, insbesondere auf die personellen Schwierigkeiten, die auf uns als Kommune zukommen könnten.
  • Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern von Arbeitplus für ihre Arbeit bedanken, wohl wissend, dass die Arbeitsbedingungen nicht als gut bezeichnet werden können. Ich möchte auch die städtischen Mitarbeiter bei Arbeitplus bitten, weiterhin für die dortige Arbeit zur Verfügung zu stehen. Wir brauchen sie, wir brauchen Mitarbeiter, die Erfahrung in der Arbeit haben und die uns helfen, die Beratung der arbeitslosen Menschen in Bielefeld sachgerecht zu leisten. Wir möchten in Bielefeld – bei allen bekannten Mängeln- ein funktionierendes System aufrecht erhalten. Das sind wir unseren Bürgern und Bürgerinnen schuldig.
  • Auf die Verantwortung der Bundesregierung habe ich bereits deutlich hingewiesen und kann nur an die Bundesregierung appelieren, machen sie ihre Hausaufgaben kommen sie zu einer gesetzlichen Lösung für die Argen.
  • Der Bund ist die überörtliche Ebene, die wir kommunal nicht zu verantworten haben, deren Auswirkungen wir aber deutlich zu spüren bekommen.
  • Wir sind aber auch in Bielefeld gefordert, alles dafür zu tun, dass sich die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter nicht ständig erhöht, wie dies durch immer neue und veränderte Dienstanweisungen der Fall zu sein scheint. Das heißt konkret, dass ich erwarte, dass bürokratische Verfahren durchforstet werden und ich erwarte ebenfalls,  dass man den Verwaltungsaufwand ins Verhältnis zu den Ergebnissen setzt. Kann der hohe Verwaltungsaufwand beispielsweise bei den Rückforderungen von AGL II Leistungen nicht dadurch verringert werden, das Bagatellgrenzen für Rückforderungen eingeführt werden, muss der von der Agentur für Arbeit geforderte Datenabgleich in der jetztigen Taktung und Ausführlichkeit geschehen,  kann man bei den Auszahlungen der 100,– Euro für Schüler nicht schlicht und einfach davon ausgehen, dass alle schulpflichtigen Kinder zwischen 6 – 16 Jahren auch zur Schule gehen und auf die Schulbescheinigung verzichten. Ich bin sicher, es gäbe noch eine Menge Dinge, die weniger bürokratisch erledigt werden könnten. Mein Anliegen ist ganz klar, ich möchte, das Mitarbeiter unter zumutbaren Bedingungen arbeiten und ihre Zeit für die Beratung der Arbeitslosen Menschen nutzen können.
  • Das sind aus meiner Sicht die Hausaufgaben, die wir vor Ort zu erledigen haben.
  • Verlängern wir den Vertrag, machen wir unsere kommunalen Hausaufgaben und lassen nicht nach in der Forderung an die Bundesregierung zu einer zeitnahen, gesetzlichen Regelung für die Argen zu kommen.

Es gilt das gesprochene Wort!