Tag der Wohnungslosen am 11. September

Wohnungs- und obdachlose Menschen gehören zu den Verletzlichsten in unserer Gesellschaft. Wohnungslose Menschen erleben täglich einen hohen Alltagsstress, sind massiv gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, können ihre persönlichen Gegenstände kaum schützen, erleben Vertreibung, Unsicherheit bis hin zu Übergriffen. Der heutige Tag der Wohnungslosen steht für ein Leben in Würde, das Recht auf die eigenen vier Wände und eine diskriminierungsfreie Gesellschaft.

Landes- und bundesweite Wohnungslosenstatistiken, in der die offiziell bei den Kommunen oder freien Trägern der Wohnungslosenhilfe angemeldeten Klient*innen erfasst sind, ermöglichen eine Einschätzung zum Ausmaß, vor allem aber der Entwicklung der Handlungsnöte. Darüber hinaus kann von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Nicht berücksichtigt werden z.B. Personen, die in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben oder denen der Verlust der derzeitigen Wohnung unmittelbar bevorsteht. Zudem besteht bei versteckter Obdachlosigkeit, die im Volksmund als „Couchsurfer“ bezeichnet wird, und oft sehr junge und überproportional weibliche Menschen ohne eigene Wohnung betrifft, oft eine prekäre Situation, da sie der Gefahr von Ausnutzungsverhältnissen ausgeliefert sind. Auch steigt die Anzahl der wohnungs- und obdachlosen Jugendlichen. Problematisch ist, dass viele Jugendliche mit dem 18. Lebensjahr aus Einrichtungen der Jugendhilfe auszuziehen müssen, obwohl sie laut Jugendhilfegesetz auch nach der Volljährigkeit betreut werden müssen, wenn ihre individuelle Situation dies erfordert. Auch ist der Anteil der wohnungslosen Frauen weiter angestiegen. Weiterhin haben alte und vorzeitig gealterte obdachlose Frauen und Männer einen spezifischen Bedarf. Sie benötigen zumindest partiell oft pflegerische und sozialpädagogische Unterstützungsleistungen. Das Leben auf der Straße erzeugt ständig Leid am laufenden Band. Für viele ist Sucht die einzige verbleibende Bewältigungsstrategie, um den eigenen Frust zu betäuben. Sucht ist eine Krankheit und kein Verbrechen. Deshalb führt die Kriminalisierung von Drogenkonsum lediglich zu überfüllten Gefängnissen und dauerhaft gescheiterten Existenzen. Zunehmend benötigen auch Menschen eine Unterstützung durch die Wohnungslosenhilfe, die nicht nur einen Bedarf an Wohnraum haben, sondern auch Integrationsbedarfe in den Bereichen Sprache, Beschäftigung, Kultur und Gesellschaft. Immer mehr von ihnen leben in äußerst prekären Lebensverhältnissen und sind von verschiedenen Formen der Ausbeutung, etwa am Wohnungs- und Arbeitsmarkt, betroffen. Viele nutzen deshalb auch die Infrastruktur und Angebote der Wohnungslosenhilfe. Ohne eine praktikable Regelung für Geflüchtete und vor allem auch osteuropäische Arbeitsmigrant*innen, werden wir Obdachlosigkeit nicht überwinden können, da sie einen immer größeren Anteil aller Obdachlosen ausmachen und systembedingt von den meisten Angeboten nicht erreicht werden.

Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch mit seiner Würde und Freiheit. Dieser erste Satz unseres GRÜNEN Grundsatzprogramms ist Grundlage unserer Politik, insbesondere unseres Einsatzes für Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen oder bedroht sind. Wir GRÜNE stehen damit auch für das Recht auf Wohnen als international verbrieftes Menschenrecht ein. Das Menschenrecht auf Wohnen bedeutet das Recht auf Verfügbarkeit und Schutz angemessenen Wohnraums sowie einen offenen, diskriminierungsfreien und bezahlbaren Zugang zu Wohnraum. Eine sichere, angemessene und dauerhaft finanzierbare Wohnung ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Wer Obdachlose unterstützen möchte, sollte nicht über ihre Köpfe hinweg nach Lösungen suchen, sondern mit ihnen auf Augenhöhe reden. Um Obdachlosigkeit zu überwinden, sollte keine neue Obdachlosigkeit erzeugt werden. Dafür braucht es einen stärkeren Blick auf die Strukturen sowie die vielfältigen Ursachen für die Entstehung von Obdachlosigkeit wie Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung.  Dass viele Menschen sich so sehr schämen, dass sie viel zu spät Hilfe anfordern, geht in der öffentlichen Diskussion oft unter. Deshalb sollte der Zeitpunkt für eine mögliche Intervention so weit wie möglich nach vorne verlagert werden. Ein besonderer Dank gilt den tausenden engagierten Fachkräften, die immer noch mit meist zu wenig Personal und Geld möglichst viele wohnungslose Menschen erreichen. Hierzu zählen auch die Tafeln, Foodsharing-Aktivisten und anderen ehrenamtlichen Initiativen zur humanitären Versorgung Obdachloser und anderer Bedürftiger.