Die GRÜNEN haben die Synagoge BEIT TIKWA besucht, das „Haus der Hoffnung“.

2015 GRÜNE Synagoge„Die Taschen bitte in die Schließfächer“, forderte der Kantor der Synagoge BEIT TIKWA Paul Yuval Adam am Montag (24.08.) die fast 30 GRÜNEN Gäste auf. Ausnahme von dieser Vorschrift gibt es keine. „Das gehört zu den Sicherheitsauflagen“, erklärt Adam. Zum Schutz der Jüdischen Kultusgemeinde gehört auch die Polizeipräsenz vor der Synagoge. „Besonders bedrohlich war die Lage im vergangenen Jahr während des Gaza-Krieges. Wir bekommen gleich zu spüren, wenn im Nahen Osten etwas passiert“.

Die GRÜNEN – unter ihnen die Abgeordneten Britta Haßelmann (MdB) und Matthi Bolte (MdL) – wollten sich über die Jüdische Kultusgemeinde informieren, die im Jahr 2007 bezogene Synagoge besichtigen und vor allem mit Gemeindevertreter*innen ins Gespräch kommen. Sie erfuhren nicht nur etwas über die künstlerische Gestaltung der Synagoge und das Gemeindeleben, sondern auch von dem Problem, dass finanzielle Mittel zur Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen ausstehen. „Wenn wir in einem für September geplanten Gespräch keine Lösung finden, müssen wir unseren Wachmann entlassen“, sagte die Vorsitzende Irith Michelsohn. „Ich glaube nicht, dass das Land das verantworten könnte, wenn hier was passiert“. Zwischenzeitlich gibt es hierzu bereits positive Signale aus Düsseldorf (Stand: 31. 8. 2015)!

In den 1970er Jahren ahnte niemand, dass die jüdische Kultusgemeinde in Bielefeld wieder so groß werden würde. Damals zählte sie noch gerade Mal 22 Mitglieder. Das änderte sich Mitte der 1990er Jahre als viele Menschen jüdischen Glaubens aus der ehemaligen Sowjetunion zuwanderten. Inzwischen zählt die Gemeinde mehr als 300 Mitglieder; fast alle sind russischsprachig. Die Gottesdienste am Freitagabend und am Samstagvormittag halten der 88 Jahre alte Rabbiner Dr. Henry Brandt oder auch der Kantor ab – wie in allen Gemeinden in Deutschland seit 1945 auf Hebräisch. „Das Hebräische verbindet. Auf Russisch oder Deutsch wäre den Gemeindemitgliedern der Gottesdienst nicht zu vermitteln“, erklärte Adam.

Die Arbeit der Gemeinde fußt vor allem auf zwei Säulen: die Vermittlung der jüdischen Religion zum Beispiel in versetzungsrelevanten Unterricht für Kinder und Jugendliche sowie Sozialarbeit. Denn viele Mitglieder mit Migrationshintergrund brauchen Unterstützung bei der Jobsuche oder bei Behördengängen und Alltagsproblemen. Für diese Aufgaben beschäftigt die jüdische Kultusgemeinde eine Sozialarbeiterin. Hinzu kommt ein Hausmeister. Eine externe Sicherheitsfachkraft arbeitet in der Gemeinde. Mit den Mitteln des Landes NRW, den Kultussteuern und Spenden müssen der Unterhalt der Gemeinde, aber auch alle Gottesdienste, Aktivitäten und Angebote finanziert werden. Die Stelle der Sozialarbeiterin wird zum Teil von der Stadt Bielefeld getragen. Die Gemeinde würde sich eine Aufstockung der finanziellen Mittel wünschen.

Die 28 GRÜNEN Besucher*innen aus Partei und Fraktion zeigten sich beeindruckt von der Synagoge, die viele zum ersten Mal von innen sahen, sowie der Arbeit der jüdischen Kultusgemeinde, mit der sie einen weiteren Austausch vereinbarten.