Haushaltssanierung: Bielefeld scheitert auch an Kleinstaaterei und der Unfähigkeit der Politik bei Eingriffen in Besitzstände auch gegen Widerstände zu entscheiden

Persönliche Stellungnahme von Dr. Inge Schulze (ehemaliges Mitglied der GRÜNEN-Fraktion)

Bielefeld kann sicher ohne eine weitergehende finanzielle Entlastung durch Mittel der Bundesregierung – Stichwort: Bundesteilhabegesetz mit Übernahme der Kosten der Eingliederungshilfe durch den Bund – aus eigener Anstrengung einen Haushaltsausgleich nicht erreichen. Das heißt aber nicht, dass Bielefeld nicht deutliche Einsparungen erzielen könnte.

Als langjähriges Ratsmitglied mache ich mir allerdings wenig Hoffnung auf mutige Entscheidungen zur Kostenreduzierung. Dabei zeigt allein die Liste einiger in den letzten 15 Jahren nicht realisierten Maßnahmen ein enormes Sparpotential.

Kleinstaaterei

Die 10 bestehenden Bezirke sind Ergebnis der Kommunalen Gebietsreform von vor über 40 Jahren, als ehemals selbstständige Städte wie Brackwede und Sennestadt und viele Gemeinden in die Stadt Bielefeld eingegliedert wurden. Bielefeld hat 10 Bezirke eingerichtet, Münster z.B. nur 6. Heute haben sich daraus 10 sehr unterschiedlich große Bezirke entwickelt.

Nicht jeder Bezirk hat ein eigenes Bezirksamt, aber die politischen Bezirksvertretungen – insgesamt 162 Mandate – sind geblieben. Der Vorschlag, Bezirke zusammenzulegen und den Rat auf 60 Personen zu verkleinern, scheiterte bisher an SPD, CDU und den Linken. Argument:

Verlust an Demokratie und Bürgerbeteiligung.

Neue Formen der Bürger*innenbeteiligung werden kaum entwicklelt. Nur ein Beispiel: Warum kann man als Bürger*in nicht eine Anfrage für die Bürgerfragestunde einer Bezirksvertretung bis 10 Tage vor der Sitzung online, für jeden Menschen einsichtig, stellen. Dann wäre eine Beantwortung in der Sitzung möglich und der/die Fragesteller*in könnte nicht mit einer nichtssagenden Antwort abgespeist werden.

Widerstände

Durch Widerstand aus der Bevölkerung, der Verwaltung selbst oder mächtige Institutionen in der Stadt wurden viele Maßnahmen verhindert, z.B.

– Zusammenlegung von Ämtern, z.B. Sport- und Schulamt

– Anpassung der Leitungsstruktur und Abbau von Hierarchien in den Ämtern

– Schließung von Grundschulen mit sehr geringer Schüler*innenzahl

– Schließung von einigen Realschulen und Neugründung von Sekundarschulen am gleichen Standort. Dann würde die Auflösung der verbliebenen Hauptschulen möglich.

– Schließung von einigen der vielen Sportplätze nach den Vorschlägen des Gutachtens zur Sportentwicklung und Vertretern des Runden Tisches Fußball

– Streichung der Mittel zur Unterhaltung vereinseigener Anlagen z.B. bei Reit- und Tennisvereinen.

– Überprüfung der Angebote zur offenen Kinder- und Jugendarbeit, da immer mehr Kinder eine Ganztagsschule besuchen.

– Umsetzung der Entzerrung der Schulanfangszeiten an weiterführenden Schulen, würde Kosten bei moBiel reduzieren.

– Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, besonders auf öffentlichen Parkplätzen wie z.B. an Schulen

– Schließung eines oder mehrerer Friedhöfe

– Stärkere Kontrolle der städtischen Beteiligungen hinsichtlich der Gehälter der Geschäftsführungen

– Keine weitere Ausdehnung der Stadt in die Fläche, da Erschließung und Anbindung an das Verkehrs-, Gas- Strom- und Entsorgungsnetz sowie die Feuerwehr die Kosten für die Infrastruktur in die Höhe treiben.

 

Bielefeld, den 3.11.2014